Egal, wohin ich schaue: ich höre, sehe und lese immer: als Mutter musst du mehr tun. Du musst die Beste sein, oder es immerhin versuchen. Einfach nur gut reicht nicht. Schließlich sind wir Mütter. Es geht um das Wertvollste im Leben. Und dafür müssen wir uns bitteschön nach allen Regeln der Kunst den Arsch aufreißen.
So lavieren wir Mütter regelmäßig irgendwo zwischen Nervenzusammenbruch und Selbstaufgabe – immer bemüht, die Grenze der Duchschnittlichkeit zu verlassen. Immer auf der Hut, nichts falsch zu machen. Und trotzdem irgendwie nie genug, weil es natürlich immer jemanden gibt, der es „besser“ weiß, „anders“ macht oder uns – aus welchen Gründen auch immer – gänzlich die Kompetenz abspricht.
So ist es egal, ob wir Vollzeit arbeiten gehen („die armen Kinder!“) oder ganz zu Hause bleiben („die faule Mutter!“), ob wir vegane Dinkelbratlige kochen („das Kind braucht doch was „ordentliches“ zu essen!“) oder jeden Tag im Steakhaus essen gehen („weiß der überhaupt, wo Zuhause ist???“). Es spielt keine Rolle, ob wir unsere Kinder täglich baden („die Haut!!!“) oder nur ein mal im Monat („die Hygiene!!!“), ob unsere Kinder Einzelkind sind („die Sozialkompetenz!“) oder viele Geschwister haben („die Zuwendung!!!“).
Egal, wie man es macht: irgendwer findet es immer falsch. Am Ende auch einfach nur das Kind, weil die Brotbox falsch gepackt, die „blöde“ Badehose gekauft oder das „eklige“ Gemüse gekocht wurde. Elternsein ist was für Fortgeschrittene. In diesem Sinne plädiere ich dann gleich folgrerichtig für die
Faule Elternschaft
Ja, ihr habt richtig gehört! Ich bin ein großer Anhänger davon. Der Grundgedanke dahinter ist allerdings nicht, die Kinder zu vernachlässigen oder ihnen bewusst keine gute Mutter mehr zu sein. Im Gegenteil! Ich für mich (jetzt ganz persönlich gespochen) bin meinen Kindern eine umso bessere Mutter, je weniger die Nerven vor Überforderung am Anschlag sind. Und das ist der Fall, wenn ich weniger mache, nicht mehr. Weil das vermutlich auch anderen Müttern so geht, hier ganz knackige fünf Tipps, wie du deinen Kindern eine faule Mutter bist.
1: Lass sie machen
So oft sind wir da, helfen und machen – und meinen, dem Nachwuchs damit etwas Gutes zu tun. Aber Kinder wollen oft gar nicht permanent beaufsichigt und bespaßt werden. Oft brauchen sie unsere Hilfe gar nicht. Weil sie es selbst können. Oder, nach ein bißchen Herumprobieren, einen anderen – mitunter unkonventionellen – Weg finden, um ans Ziel zu kommen. Wenn wir uns zurücklehnen, unsere Kinder machen lassen und nur dann helfen, wen unsere Hilfe ausdrücklich gefragt ist, dann gewinnen gleich alle Beteiligten: wir ein Stück Ruhe und unsere Kinder die Möglichkeit, selbstwirksam tätig zu sein.
2: Sterben sie davon?
Müsli zum Abendessen weil das Brot leer ist? Heute wieder nicht das Kind geduscht? Keine frischen Socken mehr im Schrank, also dann doch die vom Vortag? Ein Kind, das unbdingt ohne Jacke im Regen spielen will? Das Leben ist manchmal unplanbar. Kinder noch viel mehr! Kein Grund, sich permanent Sorgen oder ein schlechtes Gewissen zu machen. Und ebenfalls kein Grund, sich in dauerhaften Konflikten mit den Kindern zu verstricken.
Die Frage: „sterben sie davon?“ ist vermutlich etwas überspitzt. Die weichgespülte Version könnte heißen: „nimmt tatsächlich jemand Schaden?“ Und das kann sowohl beim abendlichen Müsli, den ungeduschten Kindern, als auch bei den Zweitagessocken verneint werden – je nach Konstitution der Kinder im Regelfall auch beim Spaß im Regen.
Heißt nicht, dass du jedem Konflikt aus dem Weg gehen, gar nicht mehr Wäsche waschen oder dich nie wieder selbstkritisch hinterfragen sollst. Aber vielleicht einfach nur dann, wenn es auch Sinn macht.
3: Verantwortung abgeben
Schon wieder die falsche Brotbox gepackt? Gib die Verantwortung ab! Kinder können schon früh selbst (in einem altersgemäßen Rahmen) Verantwortug für die eigenen Belange übernehmen. und natürlich kann ein Grundschulkind seine Brotbox selbst packen. Schon ein Vorschulkind kann dafür Sorge tagen, dass die Schmutzwäsche den Weg in den passenden Behälter findet. Kleine Aufgaben im Haushalt können schon früh übernommen werden. Und auch Schuldinge (wie das Erledigen der Hausaufgaben, das Packen der Schwimmtasche am richtigen Tag oder das Herausräumen der Brotboxen vom Schulranzen in die Spülmaschine) können vom Kind eigenverantwortlich geregelt werden.
Vorraussetzung dafür ist, dass wir wirklich bereit sind, Verantwortung auch abzugeben. Und wir damit leben können, wenn die Dinge am Ende vielleicht nicht hundertprozentig so laufen, wie wir sie uns vorstellen. 😉 (was nicht heißt, dass sie nicht laufen.)
4: Mach dich frei
von den Vorstellungen der anderen. Es ist egal, was deine Schwiegermutter oder die Nachbarin denken. Es spielt keine Rolle, was selbsternannte Supermütter auf Instagram kochen. Du musst dieses Leben mit deinen Kindern leben. Also gestalte es. Nach deinen Bedürfnissen. Nach den Bedürfnissen deiner Kinder. Ihr wisst am besten, was für euch funktioniert und was nicht.
Mach dich auch frei von alten Glaubenssätzen. Nicht alles, was wir an Überzeugungen in uns herumtragen, ist es auch wirklich wert, gelebt zu werden. Nur weil man „immer schon“ die Bettwäsche gebügelt hat, musst du das nicht auch tun. Nur weil es „sich so gehört“, dass Kinder zuerst die Hausaufgaben machen und dann spielen, muss das bei euch nicht auch zwingend so sein.
5: Gönn dir selbst ein gutes Leben
Mein größter Fehler als Mutter? Dass ich meine eigenen Bedürfnisse so lange vernachlässigt habe! Wenn die Kinder noch klein sind, ist es gut und richtig, ihre Bedürfnisse in den Fokus zu rücken. Nur vergessen viele Mütter, irgendwann später auch wieder auf sich selbst zu schauen. So auch ich.
„Bedürfnisorientiert“ heißt aber, dass die Bedürfnisse aller Familienmitglieder gesehen und ernst genommen werden. Konkret heißt das: wir dürfen und müssen uns auch selbst ernst nehmen. Ab einem bestimmten Alter ist es zumutbar, noch einen Augenblick zu warten, weil du noch die Seite im Buch zu ende lesen oder deinen Kaffe heiß trinken willst, bevor du wieder mit den Kindern spielst. Es ist okay, wenn du nich pausenlos Lust hast, Sandkuchen zu backen, sondern gerne dein Gesicht in die Sonne hälst und den spielenden Kindern zuschaust. Du musst nicht in Dauerschleife Helene Fischer im Auto ertragen, nur weil dein Fünfjähriger sie so gerne hört. (Beispiele wie immer völlig aus der Luft gegriffen. Parallelen mit vor Ort lebenden Fünfjährigen rein zufällig 😉 ).
Natürlich gehört zum Elternsein dazu, dass wir auch immer wieder Dinge tun, zu denen wir nur mäßig Lust haben. Das ist gut und richtig, weil es auch zeigt: „ich mag dich. Ich mache das für dich!“ – genauso wichtig ist aber, dass wir beginnen, auch wieder Dinge für uns zu machen. Nicht nur, weil wir auch in Sachen Selbstfürsorge und Selbstliebe Vorbilder sind für unsere Kinder. Auch, weil wir es ganz einfach verdient haben.
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